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Den Tatort in den Gerichtssaal bringen

Ein Interview mit einem Forensiker zur Rolle des 3D-Laserscanners und zur Zukunft der Gerichtsmedizin
Bringing the crime scene to court

Den Tatort in den Gerichtssaal bringen

Ein Interview mit einem Forensiker zur Rolle des 3D-Laserscanners und zur Zukunft der Gerichtsmedizin

Im heutigen digitalen Zeitalter mag es vielleicht veraltet erscheinen, vor Gericht Bilder und Berichte zu präsentieren, aber erfreulicherweise ist es dank 3D-Technologien und vor allem dank Laserscannern möglich, untersuchte Tatorte zu erfassen, zu sichern und diese so in den Gerichtssaal zu bringen.

In diesem Interview sprechen wir mit Nielson, einem Forensiker, der für das Visualisierungsteam der niederländischen Polizei arbeitet. Wir erfahren, auf welche Weise Laserscanner in der Forensik verwendet werden und welche weiteren Entwicklungen in der Zukunft auf uns zukommen könnten.

Zuallererst stellt sich uns folgende Frage: Aus welchem Grund werden Laserscanner bei der Dokumentation von Tatorten eingesetzt?

Nielson: Laserscanner erleichtern sowohl die Rekonstruktion und Überprüfung als auch die Vermessung von Tatorten. Auf diese Weise können auch andere Personen zu einem späteren Zeitpunkt einen Einblick in den Tatort erhalten. 3D-Laserscanner erfassen bestimmte Orte oder Objekte bis auf den Millimeter genau.

Welche Art von 3D-Laserscanner verwenden Sie bei der Dokumentation eines Tatorts?

Nielson: Zurzeit verwenden wir den FARO® FocusS 350 Laserscanner.

Wie lange setzen Sie schon 3D-Laserscanner bei Ermittlungen ein?

Nielson: Ein ehemaliger Kollege von mir begann bereits im Jahr 2006, mit 3D-Laserscannern zu arbeiten. Das war das erste Mal, dass ein Laserscanner bei der Polizeiarbeit eingesetzt und zur Erfassung eines Tatorts verwendet wurde.

Aus welchem Grund haben Sie und Ihre Einheit sich dafür entschieden, 3D-Laserscanner zu nutzen?

Nielson: Der FARO Focus S unterstützt uns nicht nur bei der Überprüfung, sondern auch bei der Rekonstruktion und Vermessung. Die Rekonstruktion des Tatorts spielt eine zentrale Rolle bei der Ermittlung und beim Nachweisen eines Verbrechens. Das Erfassen des Tatorts in 3D ist von entscheidender Bedeutung für die Kollegen, die an dem Fall arbeiten, und auch für die Verdächtigen. Dank des Laserscanners können jetzt auch die Gerichtsbehörden einen genauen Blick auf den Tatort werfen.

© Media TV

Erzählen Sie uns bitte, wie sich die Arbeit Ihres Teams mit Laserscannern über die Jahre hinweg entwickelt hat.

Nielson: Im Laufe der Jahre hat sich viel verändert. Der Fortschritt in diesem Bereich schreitet immer schneller voran. Früher haben die Aufzeichnung und Erfassung eines Tatorts einen ganzen Tag in Anspruch genommen – manchmal sogar zwei Tage. Heutzutage dauert dies je nach Größe des Tatorts nur wenige Stunden. Die Verarbeitung der Daten ist unglaublich schnell. Dank der FARO® SCENE Software können wir in der Punktewolke umhergehen und den Tatort mithilfe von Virtual Reality (VR) erforschen. Dieser Vorgang geht schnell vonstatten und erfordert keine zusätzlichen Maßnahmen.

Sie erwähnten VR. Wie setzen Sie diese Technologie ein und welche Erfahrungen haben Sie bereits damit gemacht?

Nielson: In der VR-Brille verwenden wir 360°-Bilder, die auf zwei verschiedene Arten angewendet werden können. Eine Möglichkeit ist, Fotos von einem Tatort zu schießen und diese über die VR-Brille direkt vor Ort zu verarbeiten. Diese Brille leihen wir dann an die Kriminalbeamten aus, die für die weiteren Ermittlungen zuständig sind. Dank der VR-Brillen können die Beamten somit selbst vom Schreibtisch aus noch einmal an den Tatort „zurückkehren“. Dies ist vor allem deshalb so nützlich, da nicht immer alle Mitarbeiter den Tatort persönlich aufsuchen können – mit der VR-Brille erhalten sie allerdings dennoch einen Einblick. Das spart nicht nur Zeit, sondern auch Geld.

Wir nutzen VR auch in Verbindung mit den Daten des 3D-Laserscanners. Diese Funktion ermöglicht Ihnen, den Tatort tatsächlich inspizieren zu können. Dank der Daten aus dem 3D-Laserscanner können Sie sich in der VR-Umgebung frei bewegen – diese Möglichkeit haben Sie bei dem 360°-Bild nicht. Sie können somit verschiedene Szenarien durchspielen, unterschiedliche Blickwinkel einnehmen und noch viel mehr.

Wie sehen Sie die zukünftigen Trends und Entwicklungen der VR in der Forensik?

Nielson: Ich denke, dass VR in naher Zukunft auch vor Gericht Anwendung finden wird. Derzeit warten wir nur darauf, dass ein Richter endlich die Nutzung von VR im Gerichtssaal zulässt. Es gibt allerdings auch viele potenzielle Entwicklungsmöglichkeiten von VR im Bereich der Schulungen und der Aus-und Weiterbildung.

Welche Entwicklung haben Sie hinsichtlich der Einführung von 3D-Laserscannern in der Strafverfolgung in den Niederlanden beobachten können?

Nielson: Immer mehr Einheiten bei der niederländischen Polizei setzen 3D-Laserscanner ein. Dies ist meiner Meinung nach eine durchaus positive Entwicklung. Innerhalb Rotterdams waren wir und die Kollegen von Landelijke Eenheid vor ein paar Jahren noch die einzigen Einheiten mit einem 3D-Laserscanner. Mittlerweile ist diese Anzahl auf sieben gestiegen.

Was würden Sie einer Einheit raten, die mit dem Gedanken spielt, 3D-Laserscanner einzusetzen?

Nielson: Wagen Sie den Sprung ins kalte Wasser. Die ausführliche Visualisierung von Tatorten nimmt bei der kriminalpolizeilichen Ermittlung immer weiter an Bedeutung zu – und es eröffnen sich auch immer mehr neue Anwendungsmöglichkeiten.

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